Levantin Studio:

Wo Skulptur auf Funktion trifft und Design zum Dialog wird

In einer Zeit, in der Design oft zwischen glatter Funktionalität und ästhetischer Gefälligkeit balanciert, tritt Levantin Studio mit einem leidenschaftlichen Manifest der Andersartigkeit auf die Bühne. Gegründet von den Brüdern Serhii und Oleksandr, ist das Studio nicht das Ergebnis eines strategischen Business-Plans, sondern vielmehr die organische Weiterführung eines familiären Energieflusses – geboren aus dem gemeinsamen Respekt für Handwerk, Poesie und kulturelle Tiefe.

Zwischen Kunst und Alltag: Ein Stil, der fühlt

„Wow in your space!“ nennen die beiden ihre Philosophie – und tatsächlich wohnt ihren Arbeiten eine expressive Emotionalität inne, die Räume nicht bloß möbliert, sondern mit ihnen kommuniziert. Ihre Entwürfe balancieren elegant zwischen Objekt, Skulptur und Gebrauchsgegenstand. Dabei ist der Ausgangspunkt oft keine Funktion, sondern ein Gefühl, ein Impuls: eine Linie, die berührt werden möchte, eine Form, die zunächst intuitiv im Skizzenbuch entsteht, bevor sie sich in Material verwandelt. „Jedes Objekt ist eine Erzählung, eine verschlüsselte Botschaft mit Raum für persönliche Geschichten und globalen Kontext“, sagen die Brüder – und genau dieses narrative Moment prägt ihre Formsprache.

Die Intelligenz der Materie

Materialien sind für Levantin keine passiven Träger, sondern Mitautoren. Holz, Marmor, Metall, recycelter Kunststoff – jedes Material bringt seine eigene Sprache mit, seine Geschichte, seine Widerstände. Diese Herangehensweise ist nicht nur eine Hommage an das Handwerk, sondern auch ein ökologisches Statement: Viele ihrer Stücke entstehen in Zusammenarbeit mit lokalen Werkstätten, mit regionalen Ressourcen und einem Bewusstsein für die Umgebungen, in denen Design entsteht – und wirken soll.

Italienische Schule mit osteuropäischer Seele

Zwar arbeitet Levantin Studio heute im Herzen der italienischen Designlandschaft, doch ihre Wurzeln liegen in der post-sowjetischen Ästhetik – in der rohen Ehrlichkeit von Brutalismus, der Metaphysik von Zwischenräumen, der Symbolik industrieller Relikte. Diese kulturelle Vielschichtigkeit formt ihren unverwechselbaren Blick: eine Mischung aus italienischer Raffinesse und osteuropäischer Tiefe, aus Ironie, Intuition und intellektueller Vielschichtigkeit.

Mailand als Bühne und Labor

Für das kreative Duo ist Mailand kein Ort, sondern ein Zustand. Vor allem während der Design Week wird die Stadt zum vibrierenden Organismus, der sie nährt, fordert, antreibt. Ob in den Hallen des Salone oder bei den poetischen Installationen des Fuorisalone: Für Levantin sind es nicht nur Objekte, sondern Gefühle, die zählen – Taktilität, Stille, Resonanz.

Besonders prägend war in diesem Jahr die Installation Ritrovarsi von Paola Lenti – ein stilles Plädoyer für das Wiederfinden, für den inneren Dialog. Es war auch Lenti, die den Brüdern einst den Einstieg in die italienische Möbelproduktion ermöglichte – ein Vertrauensvorschuss, der ihren heutigen Weg prägte.

Design als Sprache – und als Spiel

Wer sich durch ihre Objekte bewegt, entdeckt Anspielungen, ironische Zwischentöne, kulturelle Referenzen. Der Sessel Paninaro etwa trägt den Geist der 80er-Jahre-Straßenästhetik wie eine übergroße Daunenjacke – bewusst unperfekt, frei, charmant rebellisch. Der Nappa Chair hingegen – eine augenzwinkernde Hommage an die toskanische Dialektauslegung von „große Nase“ – vereint Volumen, Komfort und kulturelle Subtilität in einem ikonischen Stück.

Zukunft als gelebte Offenheit

Levantin Studio bleibt ein Labor des Neuen. Ob durch Kooperationen mit Architekten wie Stefano Ollino, durch Experimente mit patinierten Metallen oder vulkanischem Gestein – für Serhii und Oleksandr liegt die Zukunft nicht im Trend, sondern in der Tiefe. In Objekten, die Bedeutung tragen. In Möbeln, die nicht nur gebraucht, sondern gedeutet werden können.

Wir glauben, dass wahre Inspiration dann kommt, wenn man kindlich neugierig bleibt – offen für die Welt, fähig zum Staunen, und bereit zuzuhören: dem Raum, den Materialien, den Menschen“, erklären sie.

Was bleibt, ist Zuhause

Und was bedeutet all das für das Zuhause? Für die beiden Designer ist es Bühne und Rückzugsort zugleich. Ein Ort, der nicht diktiert, sondern aufnimmt. Der Platz lässt für Skizzen, Prototypen, Fehler – aber auch für Intimität und Wiederentdeckung. Zuhause ist für Levantin Studio nicht die Abwesenheit von Gestaltung, sondern ihr innerstes Wesen. Ein Ort, an dem Gestaltung entstehen darf – und bleiben kann.

Levantin Studio
Via Lazzaretto 3, 20821 Meda (MB), Italia
levantin.it

Photos © Levantin Studio